Frankenwald-Gymnasium Kronach, Kronach Distanzunterricht nah am Schüler

„Könnt ihr mich hören – seht ihr auch alle was?“  Keine neumodische Begrüßungsformel, sondern Spitzenreiter in der Lockdownedition der häufigsten Sätze eines Lehrers im Unterricht.

Es ist schon ein wenig befremdlich. Ich gehe 07:45 Uhr durch die Gänge des Frankenwald-Gymnasiums und nur vereinzelt sieht man in den Klassenzimmern Kollegen am Rechner sitzen, die mit leeren Stühlen reden, die einsam ihre Fragen stellen und ganz automatisch bestätigend mit den Kopf nicken, wenn aus dem Lautsprecher eine körperlose Schülerstimme eine Antwort gibt. Ansonsten – Stille. Merkwürdig.

Die Situation ist schwierig, was das FWG aber bekanntlich ja nicht abhält, positiv und mit viel Elan die Bewältigung anzugehen. MEBIS ist bei uns kein Problem, wir haben frühzeitig auf MS Teams gesetzt und nutzen MEBIS nebenbei, aber nicht hauptsächlich. Bereits seit Schuljahresbeginn hat sich die gesamte Schulfamilie auf verschiedene Variationen von Distanz- und Wechselunterricht vorbereitet, Rechner zur Ausleihe wurden mit Hochdruck vorbereitet, massenhaft Zugangsdaten für digitale Schulbücher, Teams und Mebis ausgegeben und es wurde geschult. Kollegen schulen Kollegen, Kollegen schulen Schüler, Schüler schulen Schüler, Kollegen schulen Eltern. Es ging ein heftiger Digitalisierungsruck durch das gesamte Kollegium - von wegen starres Beamtentum!

Gemeinsam mit den Schülern verschiedener Jahrgangsstufen wurde diskutiert was guten Unterricht ausmacht, wie man den Kontakt halten kann und vor allem wie man Unterricht gestalten soll, dass jeder die Möglichkeit hat mitzuarbeiten und auch Inhalte nachzuholen, die aufgrund streikender Technik, Krankheit oder Motivationstief im aktuellen Geschehen verloren gegangen sind.

Natürlich ruckelt es im aktiven Betrieb auch bei uns, unser Schulmanager- Online kämpft mit der Datenflut, die Internetanschlüsse glühen, aber unser altehrwürdiges FWG hält sich tapfer. Der Glasfaseranschluss ist in Sicht, die bestehende Technik, die in den letzten Jahren gewachsen ist, hat sich bewährt und das Kollegium ist auf Distanz zusammengerückt. Wer helfen kann, der hilft.

Nach dem ersten Check der Internetverbindung geht es für mich an den Rechner, der freudig ein Konzert aus „Plongs und Plings“ von sich gibt. Die Kommunikation funktioniert. Über den Teams-Chat, den Schulmanager- Online und per Mail trudeln Fragen und Probleme ein. Ein Login funktioniert nicht, eine Digitallizenz müsste erneuert werden, im Ziegelwinkel ist mal wieder das Internet zu schwach für die Videokonferenz. Kleinigkeiten, die zum Glück meist schnell erledigt sind.

Kollegen fragen nach weiteren Anregungen oder haben selbst welche. Die Kreativität kennt kaum Grenzen. Über die Ferien entstanden Home-Office Arbeitsplätze, die zumindest Experimente ohne Schutztechnik oder Chemikalien ermöglichen. Die Physik-Bastler können dual Experimente unter einem alten Handy durchführen und gleichzeitig über die Webcam die passenden Materialien streamen. Gebaut aus einfachen Stativteilen und „veralteter Technik“. Die Dokumentenkameras der Klassenzimmer sind kurzerhand zur gestreamten „Tafel“ umfunktioniert worden. So können auch digital Tafelbilder gemeinsam entwickelt werden. Glücklich die iPad- Nutzer, die können gleich alles direkt auf dem Gerät schreiben.

Ein schneller Besuch beim Kollegen im Lehrerzimmer, der mit unfassbarem Aufwand seine Arbeitsaufträge alle per Mail einzeln verfasst und innerhalb einer Unterrichtsstunde mehrfach Kontakt zu jedem Schüler aufnimmt. Videokonferenzen sind nicht so „sein Ding“, aber mit dieser Art der Kommunikation erreicht er alle Schüler, kann individuell Rückmeldung geben und seine Arbeitsaufträge zeitlich so takten, dass er die Schüler nicht überfordert. Aufwendig, aber das es funktioniert, zeigen Tim und Toni, die zwei derzeit exklusivsten Schüler am FWG. Jeder mit Schulnotebook ausgestattet, sitzen die beiden in der „Notbetreuung“ im Computerraum. Ein Kollege steht ihnen immer zur Seite, oft kommt sogar Schulleiter Weichert selbst vorbei und dann wird auch schonmal gemeinsam über die Erdkunde- Aufgabe gegrübelt und diskutiert. Am dritten Tag ihrer nicht ganz Home-Schooling Phase haben sich die beiden gut arrangiert, trauen sich jetzt sogar mal miteinander zu reden – auch wenn gerade keine Pause ist! Die Sportkollegen lockern den straffen Lernplan auf mit Bewegungspausen und kleinen Spielen, denn die beiden Herren sitzen tatsächlich den ganzen Tag brav an ihren Aufgaben und büffeln.

Wie sie sich in die Videokonferenzen einwählen und mit den technischen Anforderungen umgehen, haben die beiden, wie alle Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Jahrgangsstufe am letzten Ferienwochenende nochmal üben können. Technikcheck und Testkonferenz am Freitag und Sonntag, damit dann auch im Unterricht alles gut klappt. Im Vorfeld haben die Informatikkollegen auch im Unterricht den Umgang mit den Systemen geübt, versierte Kollegen haben Testaufgaben schon in der Präsenzphase auch online gestellt.

 

Und sollte ein Kollege erkranken und ein Unterricht nicht stattfinden können? Auch dafür gibt es einen Plan. Das FWG Labor steht bereit um die Notbetreuung gar nicht mehr so schlimm aussehen zu lassen.

Überhaupt gilt am FWG nicht nur die Versorgung mit dem Unterrichtsinhalten als Ziel im Lockdown. Auch der Langeweile am Nachmittag soll Abhilfe geschaffen werden. Wenn Freunde besuchen und gemeinsam Zeit verbringen nicht möglich und Dauerzocken am Rechner auch keine Lösung ist, dann braucht es Ideen, wie man sinnvoll seine Zeit verbringen kann. Die Naturwissenschaftler des FWG haben ihre virtuellen Köpfe zusammengesteckt und getüftelt, ein vorweihnachtlicher Mathematik- Wettbewerb bei dem jeder zum Punktestand der Klasse beitragen kann, fand großen Anklang. Von 1674 eingereichten Antworten waren 1363 korrekt. Ein guter Schnitt und natürlich wird die erfolgreichste Klasse von der Schulleitung belohnt. Noch wird allerdings nicht verraten wer gewonnen hat, das möchte sich Herr Weichert bis zu einem Wiedersehen mit den Schülern aufheben.

Und auch die Netz-AG und das FWG- Labor haben gewerkelt und Tutorial-Videos erstellt, die vermitteln, wie man selbst T-Shirt Motive am Computer designed, wie man Deko mit dem Lasercutter herstellt und graviert. Die kommenden Videos sind bereits in Produktion und werden sich mit 3D- Design beschäftigen. Zudem informiert der MINT- Newsletter immer wieder über interessante Online- Angebote oder Apps zum Experimentieren mit Dingen, die man sowieso zuhause hat und über Angebote des MINT-EC´s. Von Zuhause aus mit Forschern aus ganz Deutschland über aktuelle wissenschaftliche Themen diskutieren, neueste Technik virtuell testen oder Projekte für die Zeit nach Corona planen. Das nächste Mal haben unsere Schülerinnen und Schüler im Februar beim MINT-EC Digitalgipfel die Chance dazu. Es können so viele Schüler teilnehmen wie nie zuvor und dass alles gemütlich von zuhause aus.

Ganz viel Engagement steckt auch in den Aktionen der Mutmacher, die den ausgefallenen Weihnachtsbasar einfach in eine Box gesteckt haben. Liebevoll zusammengestellt, konnte man in der Vorweihnachtszeit ein Stück Basar mit nach Hause nehmen. Dort musste man zwar die Plätzchen nach dem beiliegendem FWG- Backbuch selbst zubereiten, aber immerhin konnte man dabei auch gleich noch dem Weihnachtskonzert auf DVD lauschen. Ganz viel FWG- Feeling für zuhause. Die Tutoren hielten und halten digitalen Kontakt mit ihren Schützlingen und Schulpsychologin Thaller hat ihr Diensthandy immer dabei – für alle großen und kleinen Probleme in der Abgeschiedenheit der Corona- Zeit.

Apropos Zeit – Zeit für den eigenen Unterricht. Eigentlich ist es ja egal an welchem Rechner ich meinen Unterricht halte, aber die Gewohnheit treibt mich doch in den Informatik-Raum. Meine Schüler sind schon in der Konferenz – ich bin wie immer fast die letzte. Schön das sich trotz Corona manche Dinge einfach nie ändern. Und dann startet der Unterricht auch für mich und die Schüler können wieder ein Häckchen auf ihrer Strichliste setzen: „Könnt ihr mich hören – seht ihr auch alle was?“

 

 

 

 

 

 

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