Gymnasium Carolinum, Neustrelitz Das Carolinum fliegt in die Stratosphäre!

Julia Zwerg

Es war eine sehr interessante, motivierende, anstrengende und emotionale Woche im 4. MINT-Camp des Gymnasium Carolinum in Babke für die 25 Schüler:innen, 3 Student:innen und ehemaligen Schüler:innen des Carolinum, vielen Referenten:innen und 4 Kolleginnen und das nicht zuletzt, weil das Großprojekt "Stratosphärenflug" trotz einiger ungeahnter Herausforderungen geglückt ist! Aber fangen wir von vorne an.

Bereits im letzten Schuljahr begannen die Planungen zum alle zwei Jahre (bis auf das Corona-Jahr 2021) stattfindenden MINT-Camp am Carolinum durch Frau Rindt und Frau Strauß. Statt wie sonst üblich die verschiedenen MINT-Bereiche durch viele unterschiedliche Workshops, Seminare und Vorstellungen von schulfremden und – zugehörigen Referenten:innen abzudecken, durfte Frau Zwerg dieses Jahr ein Langzeitprojekt starten, das alle MINT-Disziplinen vereint und sich über die gesamte Woche zog. Wir wollten einen Wetterballon mit Sonde bis in die Stratosphäre in ca. 35.000 – 36.000 m starten lassen und neben phantastischen Bildern auch mit den Ergebnissen verschiedener Experimente belohnt werden. Aber leichter gesagt als getan, denn allein die Vorbereitung des Flugs hatte es schon in sich. Das Material lies sich zwar sehr einfach recherchieren und ordern, die ersten Tests waren da schon zeitintensiver. Kritisch war die Beschaffung von Helium und der Luftfahrt-Halterhaftpflicht-Versicherung sowie der Aufstiegsgenehmigung für unbemannte Freiballone beim Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit – bis kurz vor Beginn des Projekts stand dessen Durchführung in der Schwebe, aber schließlich lagen auch die rechtlichen Grundlagen vor und die Schüler:innen konnten in die Arbeit starten.

Nach einer gemeinsamen Einführung in das Ziel des Projekts (nur wenige wussten vorher ungefähr worum es geht), folgte eine Einheit zum grundlegenden notwendigen Wissen, wie zum Aufbau der Atmosphäre und der Bedingungen während des Fluges. Anschließend teilten sich die Schüler:innen nach Interesse in 5 Gruppen ein: Bau der Sonde, GPS, Datenlogger, Auftrieb und Experimente begleitet von Frau Arndt, den drei Studenten:innen Felix Rindt, Anna Krajewski und Gabriel Adams sowie Frau Zwerg. Nun wurde intensiv an der Vorbereitung des Fluges gearbeitet. Die Konzeption einer stabilen Sonde, die alle notwendigen Geräte aufnimmt, den Belastungen stand hält und sicher an Fallschirm und Ballon hängt war eine große Herausforderung. Der Betrag der Nutzlast ging dann an die Gruppe Auftrieb, die nach Experimenten zum Archimedischen Prinzip die Möglichkeit hatte die benötigte Menge Helium für einen gelungen Flug zu berechnen. Die GPS-Tracker mit und ohne Mobilfunk (um auch in Funklöchern unsere Sonde wiederzufinden) wurden getestet, Grundlagen zur Funktionsweise gelegt und die mögliche Flugroute vorausberechnet. Der Datenlogger zeichnet neben der Flugroute viele physikalische Werte während des Fluges auf. Sein Einbau, die Funktionsweise und die Auswertung waren für die Gruppe eine völlig neue Erfahrung fernab des Unterrichts. Eine besonders wichtige Aufgabe war die Planung und Vorbereitung der Experimente, die mit der Sonde hochgeschickt und während des Flugs gefilmt werden sollten – hier war Kreativität und naturwissenschaftliches Grundverständnis gefordert. So verging die Zeit am Montag und Dienstagnachmittag wie im Flug. Leider musste aber der Flugplan geändert werden, da Donnerstag aufgrund des vorausgesagten Regens nicht geflogen werden konnte – schließlich müssen 4/8tel des Himmels wolkenfrei sein. Doch im Ministerium war man sehr verständnisvoll und lies uns unseren Flug auf Freitagvormittag umlegen. So ging es Donnerstag früh an die Startplanung. Alle Teams stellten die bisher geleistete Arbeit vor und zusammen machten wir uns Gedanken, welche Fehler wir vor dem Start vermeiden könnten. Außerdem bekam jede Schüler:in eine Aufgabe für die Startphase. Nun musste aber nochmal das Startzeitfenster verschoben werden, denn nur sehr früh am nächsten Morgen, sollte der Himmel fast wolkenfrei sein. Auch das ließ sich mit nur einem Anruf erledigen, bedeutete aber sehr frühes Aufstehen, trotz Party am Abend. Und doch waren am nächsten Morgen um 6.30 Uhr alle versammelt, um ihren Aufgaben nachzukommen und den Start noch vor dem Frühstück zu erleben. Die Schüler:innen arbeiteten sehr gewissenhaft und es gab nur kleinere Komplikationen, die sie zusammen meisterten. Nach dem letzten Anruf bei der Deutschen Flugsicherung, um ein NOTAM abzusetzen (die Verwirrungen dabei lassen wir mal unbeachtet), ging der Start endlich um 8.45 Uhr über die Bühne. Unter dem Johlen aller Beteiligten und begleitet von der ein oder anderen Träne stieg unser Ballon auf. Schon nach wenigen Sekunden war er nicht mehr zu sehen und wir drückten die Daumen das alle gut ging. Beim Frühstück wurde dann ab und an auf die GPS-Daten geschaut – wo fliegt der Ballon gerade? Aber leider mussten die Teilnehmer dann nach Hause und nur Gabriel Adams und Frau Zwerg konnten sich auf den Weg machen, die Sonde nach dem Platzen des Ballons wieder einzusammeln. Zwischendurch stieg der Nervenkitzel ins Unermessliche: der GPS-Tracker zeigte unverständliche Höhenangaben, es sah aus, als wäre der Ballon gar nicht aus der Troposphäre aufgestiegen, flöge ping-pong-mäßig nur auf und ab und werde nie landen. Vom geplanten Ziel südlich von Anklam ging es immer weiter nördlicher, aber plötzlich doch eine Veränderung: die Höhe nahm alle 5 Minuten um 1000 m ab. Die Landung kam in Sicht. Und als hätten wir es geahnt, gab es eine Wasserlandung etwa 500 m vor Usedoms Küste – die Badesachen lagen mit im Auto. Wir fuhren “zum Möwenort”, liefen einen Wanderweg entlang, kämpften uns über eine Schafweide zum Strand und schwammen ca. 600 m zur Sonde, die bereits an den undurchdringlichen Schilfgürtel heran getrieben war. Die Spannung war kaum auszuhalten: war der Ballon noch dran, oder war er doch geplatzt? Aber am Fallschirm war nur noch der Ballonrest vom Ventil zu sehen. Juhu – es hatte geklappt, wir waren in der Stratosphäre und unsere Sonde sah aus wie neu!  Nun hieß es schnell zum Auto an den Rechner und schauen, ob die Kamera Aufnahmen gemacht hatte. Wir kürzten durch ein kleines Dickicht ab, denn das Wasser war zum Laufen beim Tragen der Sonde einfach zu kalt und die Füße vom steinigen Untergrund schon ganz zerschnitten. Auf dem Rückweg mussten wir noch einer Urlauberin Rede und Antwort stehen, was wir denn da gemacht haben – noch nie war einer von uns beiden so wortkarg, wenn es um die Kommunikation über MINT-Themen ging, aber wir konnten es einfach nicht erwarten! Im Kofferraum des Autos zeigte der Laptop dann endlich das Resultat: wir hatten wunderbare Aufnahmen gemacht und auch der Datenlogger, der vor dem Start einfach kein GPS-Signal finden wollte, hatte den Flug aufgezeichnet. Der Flug war ein voller Erfolg mit einer maximalen Höhe von 38457,8 m  – kein Wunder, dass der Flug länger als erwartet gedauert hatte! 

Im Anschluss werden wir nun die Daten und Experimente auswerten und Rückschlüsse aus unserem Flug ziehen. Außerdem dürfen alle Interessierten auf einen Film unseres Projektes gespannt sein, der neben Bildmaterial aus der Vorbereitung, den Flug und natürlich auch die großartigen Aufnahmen aus der Stratosphäre zeigen wird.

Aber zunächst möchten wir uns noch beim Schulverein Carolinum e.V. sowie der DPG und der Wilhelm-und-Else-Heraeus-Stiftung mit ihrem gemeinsamen Förderprogramm “Physik für Schülerinnen und Schüler” für die finanzielle Absicherung bedanken! Man hat nicht alle Tage die Gelegenheit, Teil eines solch großartigen Projektes zu sein  – vielen Dank!!!

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